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Worauf es bei der Pflege von Narben ankommt


Bild: Gemma Ferrando/Westend61/dpa-tmn

Narben erzählen Geschichten von Fahrradunfällen, Kaiserschnitten oder Tumoren. Nicht jeder möchte gern an das Ereignis dahinter erinnert werden. Was also tun, damit die Narben mit der Zeit immer unauffälliger werden? Fünf wichtige Fragen und Antworten.

1. Wie entstehen Narben überhaupt?

Ob eine Narbe entsteht, hängt vor allem von der Tiefe der Verletzung ab. Unsere Haut ist aus drei Schichten aufgebaut. «Wenn wir nur eine kleine Abschürfung haben, also einen Hautdefekt in der obersten Hautschicht, dann heilt der folgenlos wieder ab», sagt Steffen Emmert, Direktor der Klinik für Dermatologie und Venerologie der Universitätsmedizin Rostock. 

Anders ist das, wenn die Verletzung in die zweite oder sogar dritte Hautschicht reicht. «Dann kommt es immer zur Narbenbildung.»

Die Wundheilung verläuft dabei nach einem festen Schema. Unmittelbar nach der Verletzung verschließen sich die Gefäße. Es kommt zu einer Entzündungsreaktion. «Das hat sich unser Körper ziemlich sinnvoll überlegt», sagt Nils Bringeland, Physiotherapeut und Autor («Narben selbst behandeln»). Hinter der Entzündung steckt nämlich keine Infektion. Stattdessen dient sie dem Zweck, es Keimen möglich ungemütlich zu machen. Im nächsten Schritt wird das zerstörte Gewebe abgebaut und abtransportiert. 

Ab Tag drei oder vier nach der OP oder der Verletzung beginnt der Körper, Gewebe wieder aufzubauen, was ebenfalls ein paar Tage dauern kann. Ist die Wunde dann verschlossen, «geht es in die finale Remodellierungsphase über, in der das Narbengewebe dann an die Bedürfnisse des normalen Alltags angepasst wird», sagt der Narbenexperte. Heißt: Unser Körper ersetzt das Gewebe, das im Zuge der Wundheilung entstanden ist, nach und nach durch stabileres Gewebe. 

2. Lässt sich die Narbenbildung beeinflussen?

Ja. Wunden sind jedoch individuell. Daher ist es sinnvoll, das Gespräch mit Arzt oder Ärztin zu suchen, um zu klären, was genau es zu beachten gibt, damit alles gut heilen kann. Und das möglichst früh: Steffen Emmert rät dazu, vor geplanten Eingriffen mit dem Operateur über die Narbenbildung zu sprechen.

Denn an einigen Körperstellen ergeben sich Herausforderungen. Ein Beispiel: Jugendliche haben am Oberkörper eine besonders hohe Hautspannung. «In dem Hautareal gibt es einfach ein größeres Risiko, dass die Narbe nicht so gut wird oder dass sogar eine überschießende Narbenbildung stattfindet, ein sogenanntes Keloid», sagt Emmert.

Generell ist wichtig, den Heilungsprozess des Körpers nicht zu stören. Eine Narbe am Fuß sollte man also nicht zu früh durch Laufen belasten. Dadurch entsteht Spannung auf der Narbe, die die Wundheilung beeinträchtigt.

3. Welche Fehler sollte man in der ersten Zeit vermeiden, damit die Wundheilung - und damit auch die Narbenbildung - gut gelingt? 

«Ganz wichtig ist das Thema Stress, weil sich die Stresshormone negativ auf die Wundheilung auswirken können», sagt Nils Bringeland. Das Risiko für eine pathologische Narbenbildung sei dadurch erhöht. Ein Grund mehr, sich selbst nun Gutes zu tun und einen Gang herunterzuschalten. 

Auf Rauchen und Alkohol sollte man lieber verzichten. «Alles, was den Körper irgendwie beeinträchtigt in seinen Prozessen, kann sich potenziell störend auswirken», sagt der Experte.

Weitere Probleme bringen Bringeland zufolge eine zu starke Kühlung mit Eis und entzündungshemmende Medikamente. «Es ist gut, dass wir diese Medikamente haben, aber sie können die Wundheilung massiv beeinträchtigen, gerade bei inadäquater Dosierung.»

Ein bekannter Tipp ist auch die Vermeidung von UV-Strahlung. Sie kann unerwünschte Auswirkungen haben: «Bei einer frischen Narbe kann es zu Pigmentverschiebungen kommen», sagt Steffen Emmert. Die Narbe wird dann etwas bräunlicher oder heller. «Wenn sich die obere Haut wieder gebildet hat, kann man auch ganz normal über Sonnencreme arbeiten», sagt Nils Bringeland.

4. Wie sieht eine gute Narbenpflege aus?

Nach einer Operation oder bei Verletzungen kommt es auf eine Sache besonders an: Die Spannung an der Hautoberfläche sollte so gering wie möglich gehalten werden. «Dann wird die Narbe am schönsten», sagt Steffen Emmert. 

Das kann beispielsweise durch einen Kompressionsverband oder durch Pflaster geschehen. «Nach der OP kleben wir häufig Streifenpflaster im 90-Grad-Winkel zur Narbe.» Diese sogenannten Wundnahtstreifen bleiben für 14 Tage auf der Haut. 

Die Wunde ist vollständig geschlossen und es ist keine Kruste mehr auf der Haut? Dann kann man die Narbe mit speziellen Gels oder Gelkissen behandeln. Sie wirken Juckreiz und Spannungsgefühlen entgegen und sollen das Narbenbild verbessern. 

Gut ist auch, die Narbe zu massieren. «Einfach vorsichtig leichten Druck auf die Narbe geben und vorsichtig spannungsfrei bewegen. Das unterstützt die Reifung des neuen Gewebes und wirkt sich positiv auf den Schmerz aus», sagt Nils Bringeland. Auch Massageroller, die für die Behandlung von Narben gedacht sind, können zum Einsatz kommen. 

5. Was tun bei schmerzenden und juckenden Narben?

Jucken, Brennen und Narbenschmerz bei älteren Narben sind Hinweise darauf, dass etwas nicht stimmt. Treten die Beschwerden immer wieder auf, sollte man sie lieber ärztlich abklären lassen. Das gilt auch für Narben, die besonders wulstig erscheinen. 

Womöglich kann eine Narbenbehandlung beim Physiotherapeuten oder der Physiotherapeutin helfen, «durch Massage und andere spezifische Techniken», sagt Bringeland. 

Bei wulstigen Narben etwa arbeitet Dermatologe Steffen Emmert gern mit der Kältebehandlung. «Wir machen eine Kryotherapie, da sprühe ich zweimal für zehn Sekunden mit flüssigem Stickstoff über die Narbe.» Das Gewebe wird kurz eingefroren und taut dann wieder auf. «Durch diese Effekte wird die Narbe weicher und damit werden auch die Beschwerden wie zum Beispiel Schmerzen weniger», erklärt der Mediziner.

Tipp: Sich vorab bei der Krankenkasse erkundigen, ob sie die Kosten dafür übernimmt.


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(17.11.2025)